Dieser Artikel soll dazu beitragen, durch den Dschungel der Paragraphen
und Bestimmungen aus LuftPersV, LuftVZO,1.DV LuftPersV, FCL 2 und
FCL 3 zu finden, ohne jedoch den Anspruch auf Vollständigkeit
zu erheben. ROTORBLATT dankt dem Ausbildungsleiter der AIR LLOYD
Deutsche Helicopter Flugservice, Peter Möller, für diese
erste Navigationshilfe.
Nun ist sie endlich da, die "Bekanntmachung der Bestimmungen
über die Lizenzierung von Piloten (Hubschrauber) kurz "JAR-FCL
2 deutsch" genannt. "Rechtzeitig" am 29.04.2003 wurde
sie im Bundesanzeiger herausgegeben um sogleich zum 1.05.2003 in
Kraft zu treten. Seit dem ist nichts mehr, wie es war! Niemand weiß
so richtig Bescheid, und bei Piloten, Flugschulen und den Mitarbeitern
der Luftfahrtbehörden herrscht allgemeine Konfusion.
Die mit der Umsetzung der neuen Bestimmungen überlasteten Mitarbeiter/innen)
des LBA schützen sich vor der Flut der Fragen aus dem Kreise
der Lizenzinhaber zum Teil durch die Aufschaltung eines Anrufbeantworters,
der tele- fonische Anfragen nur noch in einem kleinen Zeitfenster
zulässt.
"Alte" Lizenzen
Wenden wir uns dem Personen kreis zu, der bereits im Besitz der
alten PPL"E" oder alten CPL" B" ist. Was ist
zu tun? Zunächst einmal verfahren wir gemäß dem
Grundsatz "Keep cool and maintain aircraft control!"
D.h, wer nicht sofort Hubschrauber, die in anderen JAA-Mitgliedstaaten
registriert sind, fliegen möchte, braucht noch gar nichts zu
unternehmen. Erst bei der nächsten Änderung der alten
Lizenz, z.B. durch den Neueintrag einer Musterberechtigung oder
zum nächsten Verlängerungstermin muss der Inhaber sich
entscheiden, entweder bei einer nationalen ICAG - Lizenz zu bleiben
oder die neue Lizenz gemäß den Regelungen nach JAR-FCL
2 deutsch zu beantragen. Der alte und vertraute "Luftfahrerschein
für Berufs- bzw. Privatluftfahrzeugführer" mit den
dazugehörigen Beiblättern "B" bzw. "E"
verliert auf jeden Fall seine Gültigkeit und eignet sich nur
noch für das Album.
Umwandlung
Möchte ein Privathubschrauberpilot seine nationale Lizenz in
eine JAR-Lizenz umschreiben, muss er dies spätestens zur nächsten
Verlängerung seiner alten Lizenz bei der Landesluftfahrtbehörde
beantragen. Dazu sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
• 75 Flugstunden auf Hubschraubern
• CVFR-Berechtigung
• Schriftliche Erklärung, dass sich der Bewerber mit
den Bestimmungen der JAR-FCL 2 vertraut gemacht hat. Mit welchen
Inhalten der Bewerber sich vertraut machen soll, steht nicht, wie
im Anhang 1 zu FCL 2.005 angegeben, im Anhang 5 zur 1.DV LuftPersV
(den gibt es gar nicht), sondern in der Anlage 2A zur 1. DV LuftPersV
• Tauglichkeitszeugnis Klasse 2 nach JAR-FCL 3
Erfüllt ein Bewerber die o.g. Voraussetzungen nicht, wird
ihm lediglich die PPL(H) nach den Richtlinien der ICAO ausgestellt.
Dazu muss jedoch auch mindestens das Tauglichkeitszeugnis Klasse
2 vorliegen. Aus der alten Lizenz werden nur die Musterberechtigungen
übernommen, für die der letzte Checkflug nicht länger
als 12 Monate zurückliegt.
Inhaber der PPL(H) nach den Richtlinien der FCL 2 dürfen Hubschrauber,
die in einem JAA-Mitgliedsland registriert sind in allen JAA-Ländern
fliegen, wenn sie Inhaber der jeweiligen Musterberechtigung sind.
Außerdem dürfen sie den Luftraum "C" nutzen.
Inhaber der ICAO-Lizenz dürfen nur D-registrierte Hubschrauber
im In- und Ausland fliegen, deren Musterberechtigung sie besitzen.
Der Luftraum "C" bleibt weiterhin für sie verschlossen.
Verlängerung - Berechtigung
Ob zwei Flugstunden pro Muster in 12 Monaten ausreichen, den Checkflug
zu bestehen, darf bezweifelt werden. Zur Verbesserung der Flugsicherheit
trägt diese Regelung sicher nicht bei.
Beide Lizenzen haben eine Gültigkeit von maximal 5 Jahren.
Die in beiden Lizenzen eingetragenen Musterberechtigungen gelten
nur 12 Monate.
Eine Lizenzverlängerung bzw. Neuausstellung erfolgt:
• Beim Ersterwerb sowie bei der Erneuerung einer Berechtigung
• Oder spätestens nach 5 Jahren
• Wenn kein Platz für weitere Eintragungen der Prüfer
(Examiner) unter Punkt XII der Lizenz vorhanden ist
Musterberechtigungen werden sowohl in Privat- als auch in Berufshubschrauber-Pilotenlizenzen
nur verlängert. wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
• Mindestens 2 Flugstunden als PIC pro Muster
• Eine Befähigungsüberprüfung (Proficiency
Check) mit einem Prüfer für Musterberechtigungen - TRE(H)
innerhalb der letzten 3 Monate vor Ablauf der Gültigkeit.
Der TRE(H) bestätigt den erfolgreichen Checkflug in der Lizenz
des Inhabers.
Drei Papiere muss der künftige Aeronaut mit sich führen,
um legaJ sein Luftfahrzeug durch die Lüfte zu steuern:
1. die gültige Lizenz gemäß ICAG oder FCL2
2. einen gültigen Lichtbildausweis, da seine Lizenz nach der
neuen Regelung kein Bild mehr enthält
3. ein gültiges Tauglichkeitszeugnis
Das Tauglichkeitszeugnis Klasse 2 für Privathubschrauberpiloten
gilt:
• bis zur Vollendung des 30. Lebensjahr 5 Jahre
• danach noch 2 Jahre bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres
• und danach nur noch 1 Jahr
Berufspiloten
Wie verfahren nun die Kollegen, die Ihre Brötchen mit der bisherigen
CPL "B“ oder ATPL(H) verdienten? Genügt Ihnen die
ICAO-Lizenz, können sie sich gemütlich zurücklehnen
und abwarten. Spätestens bei der nächsten Verlängerung
stellt Ihnen das LBA diese aus. Die ICAO-Lizenz erlaubt im In- und
Ausland die gewerbsmäßige Tätigkeit PIC auf Hubschraubern,
für die eine gültige Musterberechtigung eingetragen ist
und die "D“-registriert sind.
Die Kollegen, die sich zukünftig JAR-FCL 2 deutsch anerkannte
CPL(H} oder ATPL(H) Piloten ausweisen wollen, um auch Hubschrauber
verantwortlich zu fliegen, die in einem JAA-Mitgliedsland registriert
sind, müssen zunächst einmal im Selbststudium die für
Sie relevanten Abschnitte von JAR-OPS 3 und FCL 2 verinnerlichen.
Was für sie relevant ist, finden sie in der Anlage 2A der 1.DV
LuftPersV. Dem LBA bestätigen Sie bei Antragstellung schriftlich,
dass dieses Selbststudium erfolgt ist. Der Antrag kann jederzeit
gestellt werden. Zweckmäßig ist, dies bei der nächsten
Verlängerung zutun.
Alle CPL(B}-Piloten mit mehr als 500 Flugstunden als PIC auf Hubschraubern
erhalten ohne weitere Auflagen die neue Lizenz mit den Musterberechtigungen
der alten Lizenz ggf. mit IR, vorausgesetzt, sie haben in den letzten
3 Monaten vor Anragstellung die Proficiency Checks auf diesen Mustern
erfolgreich bestanden. Diese Checks dürfen z.zt. noch die alten
Sachverständigen durchführen. Aber auch diese müssen
nun den Antrag auf Zulassung als Prüfer stellen. Dazu gelten
die Bestimmungen der NFL II 47/03. Zu den Standardisierungsanforderungen
für Prüfer heißt es im Anhang 1 zu FCL 2.425 Punkt
4 u.a. : "Wichtig ist jedoch, dass der Prüfer in jedem
Fall aufgrund seines Werdeganges und seiner Erfahrung berufliches
Ansehen in der Luftfahrt genießt."
Welches Auswahlkomitee wird darüber wohl in der Zukunft entscheiden?
CPL(B) Piloten mit weniger als 500 Flug- stunden ais P1C müssen
zusätzlich zu den o.g. Bedingungen den Nachweis von Kenntnissen
über Fl.ugplanung und Flugleistung gemäß JAR-FCL
2.470(b) führen - oder sie warten ab, bis sie die 500 Flugstunden
als PIC auf der Basis der ICAO - Lizenz gesammelt haben und stellen
dann den Antrag.
Last but not least gehört noch das Tauglichkeitszeugnis Klasse
1 zu den einzureichenden Unterlagen.
Das Tauglichkeitszeugnis Klasse 1 gilt
• bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres 12 Monate
• danach nur noch 6 Monate
Sind alle o.g. Bedingungen erfüllt, erhält der Antragsteller
einen CPUH) gemäß JAR FCL 2 deutsch, in dem jedoch nur
Musterberechtigungen eingetragen werden, die auf Hubschrauber mit
einem Piloten beschränkt sind. Diese Beschränkung kann
durch den Erwerb einer Musterberechtigung für Hubschrauber
mit zwei Piloten gemäß FCL 2.240 aufgehoben werden.
Inhaber der nationalen ATPL(H) mit gültiger IR(H) und mindestens
1000 Flugstunden als PIC auf Hubschraubern mit 2 Piloten erhalten
ohne zusätzliche Auflagen - mit Ausnahme der Bedingungen, die
auch die Inhaber der nationa1en CPL "B" erfü1en müssen
- den ATPL(H) gemäss JAR-FCL 2 deutsch. Die ATPLer, die diese
Anforderungen nicht erfüllen, erhalten entweder eine ATPL(H)
beschränkt auf Flüge nach VFR oder mit der entsprechenden
Musterberechtigung beschränkt auf die Tätigkeit ats Copilot.
Ausbildung PPL(H)
Nun kommen wir zu dem Personenkreis, der sich mit dem Gedanken beschäftigt,
entweder nur zum persönlichen Vergnügen oder zum Zwecke
der beruflichen Tätigkeit die hohe Kunst der Drehflügelei
zu erlernen.
Für Anwärter der PPL(H) gemäß JAR-FCL 2 sieht
der Umfang der Ausbildung wie folgt aus:
• Die praktische Ausbildung umfasst mindestens 45 Flugstunden.
Davon können maximal 5 Stunden in einem FNPT oder Flugsimulator
durchgeführt werden. Inhaber von Lizenzen für Flugzeuge,
aerodynamisch gesteuerten UL, UL-Hubschraubern, Tragschraubern,
Segelflugzeugen oder Motorseglern können 10% Ihrer gesamten
Flugzeit als PIC auf diesen Luftfahrzeugen - maximal jedoch 6 Stunden
- auf die Ausbildung anrechnen lassen. Weitere Reduktionen sind
nicht vorgesehen. Neu ist, dass in der praktischen PPL(H) Ausbildung
5 Stunden Instrumentenflugzeit enthalten sein müssen. Das ist
ein Beitrag zu mehr Flugsicherheit!
• Für die theoretische Ausbildung ist eine Mindestanzahl
für die Ausbildungsstunden nicht mehr vorgeschrieben. Hoffentlich
führt das nicht dazu, dass Flugschulen Ihren Schülern
nur noch den Fragenkatalog in die Hand drücken und die Theorieausbildung
auf ein Minimum reduzieren! Zu den bereits bekannten Ausbildungsfächern
ist das Fach "Menschliches Leistungsvermögen" hinzugekommen.
Allerdings fehlen dazu noch zugelassene Lehrer in ausreichender
Anzahl. Die Sprechfunkausbildung wurde ebenfalls integriert.
Nach erfolgreich bestandener theoretischer und praktischer Prüfung
kann die PPL(H) noch vor dem 18. Geburtstag erworben werden. Für
den jungen Luftverkehrsteilnehmer bleibt aber das Problem, mit öffentlichen
Verkehrsmitteln zum Flugplatz zu gelangen, da er mit einem bodengebundenen
Automobil ja noch nicht verantwortlich am Straßenverkehr teilnehmen
darf!
Ausbildung Berufspilot
Nun kommen wir zu den zukünftigen Profis der Drehflüglerszene.
Sie müssen 18 Jahre alt und im Besitz des Tauglichkeitszeugnisses
Klasse 1 sein, um mit der Ausbildung zu beginnen.
Drei .Ausbildungswege sind zu unterscheiden:
1. Durchgehende Ausbildung zum Erwerb der ATPL(H)
2. Durchgehende Ausbildung zum Erwerb der CPL(H)
3. Modulare Ausbildung zum Erwerb der CPL(H)
Modulare Ausbildung bedeutet, dass ein
Bewerber bereits andere Lizenzen als Luftfahrer besitzt und aufgrund
dieser Lizenzen F1ugstunden für die Ausbildung angerechnet
bekommt.
Für die Bewerber einer durchgehenden Ausbildung zur CPL(H)
umfasst die theoretische Ausbildung mindestens 550 Unterrichtsstunden
à 60 Minuten und die praktische Ausbildung mindestens 135
Flugstunden. Interessant ist, dass im Vergleich zum alten §23
LuftPersV der Umfang der Theorieausbildung (ehemals 400 Unterrichtsstunden
à 45 Minuten) nahezu verdoppelt wurde, die praktische Ausbildung
(ehemals 160 Flugstunden) jedoch um 25 Flugstunden gekürzt
wurde. Der geneigte Leser möge seine eigenen Schlussfolgerungen
daraus ziehen.
In der theoretischen Ausbildung ist das Fach Human Performance
and Limitations (HPL) hinzu gekommen. Dazu werden noch zugelassene
Fachlehrer gesucht. In der praktischen Ausbildung ist die Einweisung
in das Fliegen von Aussenlasten (2 Flugstunden) weggefallen.
Die durchgehende Ausbildung zum Erwerb der ATPL(H) umfasst 750 Unterrichtsstunden
und 195 Flugstunden. In ihr sind die IR-Ausbildung und die Ausbildung
auf einem mehrmotorigen Hubschrauber enthalten. Sie schließt
ab mit der theoretischen ATPL(H) Prüfung und der praktischen
CPL(H) Prüfung auf einem mehrmotorigen Hubschrauber inkl. der
IR-Prüfung auf diesem Hubschrauber.
Was bringt JAR-FCL?
Zunächst einmal versorgt sie alle Beteiligten mit viel Arbeit!
Das ist in der aktuellen ökonomischen Situation kein schlechter
Beitrag. Die Luftfahrtbehörden ersticken in der Flut von Anträgen
auf Ausstellung neuer Lizenzen, Zulassung von Examinern, Genehmigungen
von Flugschulen (FTOs), Ausbildungsbetrieben für den Erwerb
von Musterberechtigungen (TRTOs) usw. Die Flugschulen brüten
über der Erstellung neuer OMs und TMs, was sehr viel Zeit und
somit noch mehr Geld kostet. Parallel dazu läuft noch die Betreuung
und Abwicklung der "Altlasten", jener Kandidatinnen und
Kandidaten, die noch schnell bis zum 30.04.03 mit der Ausbildung
begonnen haben und diese nun nach den Regeln der alten LuftPersV
durchführen.
Aber in 2 Jahren werden wir dieses Tal der Tränen verlassen
haben und uns am Fluch oder Segen der JAR-FCL erfreuen:
• Pi1otenanwärter können in jedem JAA - Land ihre
Ausbildung durchführen. Besonders im südeuropäischen
Raum lassen sich so Urlaubsfreuden, konstant gutes Wetter mit einer
PPL(H)-Ausbildung verbinden. So ergibt sich eine Alternative zum
Land der unbegrenzten fliegerischen Möglichkeiten, den USA.
• Piloten können bei jedem Operator in einem JAA-Land
beschäftigt werden.
• Operator haben die größere Personalauswahl.
• Kooperationen von internationalen Luftfahrtunternehmen und
Flugschulen werden leichter.
Der Markt bleibt spannend und wir haben die Chance, auf seine Gestaltung
Einfluss zu nehmen. Bis jedoch alles wieder in geregelten Bahnen
verläuft, sollten sich alle Beteiligten, die Lizenzinhaber,
die Ausbildungseinrichtungen und die Luftfahrtbehörden in Geduld
üben, Information möglichst schnell und breit streuen
und mit viel Verständnis miteinander umgehen, um gemeinsam
die ersten Schritte mit den jungen Regeln und Bestimmungen zu gehen
und die vielen Hürden zu nehmen.
Peter Möller